Autor: Cred
Übersetzung: Saoirse, Foresight News
Als eigenverantwortlicher Trader ist es sehr hilfreich, Trades zu kategorisieren.
Systematisches Trading und eigenverantwortliches Trading stehen nicht in einem binären oder sich gegenseitig ausschließenden Verhältnis.
Im Extremfall steht auf der einen Seite ein vollständig automatisiertes Handelssystem – es ist immer „eingeschaltet“ und verwaltet jeden Aspekt des Handelsprozesses; auf der anderen Seite steht das rein gefühlsbasierte Spekulieren – völlig ohne Regeln und ohne feste Handelsstrategie.
Technisch gesehen kann jede Ausübung von Eigenverantwortung (z.B. das Abschalten eines automatisierten Systems oder das manuelle Anpassen des Positionsgleichgewichts) als „eigenverantwortliches Handeln“ betrachtet werden, aber diese Definition ist zu weit gefasst und wenig praxisrelevant.
Tatsächlich trifft meine Definition des „eigenverantwortlichen Traders“ wahrscheinlich auf die meisten Leser zu. Die Kerneigenschaften sind:
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Trades werden hauptsächlich manuell ausgeführt;
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Die Analyse konzentriert sich auf technische Aspekte (einschließlich Schlüsselniveaus, Charts, Orderflow, Nachrichtenkatalysatoren usw.);
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Subjektive Beurteilung, ob eine Handelsstrategie effektiv ist und ob sich ein Einstieg lohnt;
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Eigenverantwortung für die Kernelemente des Tradings: Risikokontrolle, Positionsgröße, Einstiegspunkt, Stop-Loss-Bedingungen, Zielpreis, Trade-Management.
Wichtig ist: „Eigenverantwortung“ sollte nicht mit „Faulheit“ gleichgesetzt werden.
Manche Trader sagen: „Bruder, schau, keine zwei Handelsstrategien sind identisch, also bringt Testen sowieso nichts, weil jede Situation anders ist.“
Doch exzellente eigenverantwortliche Trader verfügen in der Regel über detaillierte Marktdaten, erstellen Handbücher für Handelsstrategien, legen Filter für Marktbedingungen fest und führen Trading-Journale, um ihre Performance zu optimieren – und Ähnliches.
Sie folgen beim Ausüben ihrer Eigenverantwortung zumindest einem groben Regelwerk; mit zunehmender Erfahrung werden die Regeln flexibler und der Anteil eigenverantwortlicher Entscheidungen im Trading-Prozess steigt.
Diese flexible Entscheidungsfreiheit wird jedoch durch Erfahrung erworben, nicht einfach so geschenkt.
Wie auch immer, nach meiner Erfahrung und Beobachtung lassen sich die meisten eigenverantwortlichen Trading-Strategien mit positivem Erwartungswert (+EV) in die folgenden drei klaren Kategorien einteilen (die Namen habe ich selbst gewählt):
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Inkrementell (Incremental)
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Konvex (Convex)
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Spezialist (Specialist)
Jede Kategorie unterscheidet sich im Wesentlichen in drei Dimensionen:
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Chance-Risiko-Verhältnis (R:R)
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Erfolgswahrscheinlichkeit (Probability)
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Auftretenshäufigkeit (Frequency)
(Hinweis: Durch die Kombination von Chance-Risiko-Verhältnis und Erfolgswahrscheinlichkeit lässt sich der Erwartungswert eines Trades grob abschätzen, aber hier wird dies zur Vereinfachung auf die drei Dimensionen reduziert.)
Im Folgenden analysieren wir diese drei Arten von Trades einzeln.
Inkrementelle Trades
Kernmerkmale: Niedriges Chance-Risiko-Verhältnis, hohe Erfolgswahrscheinlichkeit, mittlere Auftretenshäufigkeit
Diese Art von Trades ist entscheidend, um das Konto am Laufen zu halten und die Marktsensibilität zu bewahren.
Sie sind vielleicht nicht besonders „auffällig“ und eignen sich nicht zum Prahlen in sozialen Medien, aber sie bilden das „Grundgerüst“ des Traders – solange ein gewisser Marktvorteil besteht, kann mit diesen Trades ein beachtlicher Zinseszinseffekt erzielt werden.
Typische Beispiele: Trading mit Markt-Mikrostruktur, Orderflow-Trading, Intraday-Mean-Reversion-Trading, statistisch basierte Trades (wie Intraday-Zeiteffekte, Wochenend-Effekte, Effekte nach Nachrichtenveröffentlichungen), Range-Trading in Phasen niedriger Volatilität usw.
Das Hauptrisiko dieser Trades ist der „Vorteilsverlust“ und plötzliche Marktveränderungen.
Doch diese beiden Risiken sind als „notwendige Kosten des Tradings“ zu betrachten: Intraday-Trading-Gelegenheiten sind ohnehin nicht immer vorhanden, und wenn man bei plötzlichen Marktveränderungen auf der falschen Seite steht, kann das sehr teuer werden (siehe das Beispiel des Sturzes des Gaddafi-Regimes, um das Risiko von Gegen-Trend-Trades bei Trendwenden zu verstehen).
Inkrementelle Trades sind eine äußerst wertvolle Kategorie: Sie ermöglichen in der Regel stabile Gewinne und treten häufig genug auf – sie glätten die Gewinn- und Verlustkurve und liefern dem Trader wertvolle Informationen über den Markt und potenzielle Trends.
Konvexe Trades
Kernmerkmale: Hohes Chance-Risiko-Verhältnis, mittlere Erfolgswahrscheinlichkeit, niedrige Auftretenshäufigkeit
Die meisten Trades auf höheren Zeitebenen (wie Tages- oder Wochencharts) – insbesondere solche, die auf steigende Volatilität oder plötzliche Trendwechsel abzielen – gehören zu dieser Kategorie.
Wie der Name schon sagt, treten diese Trades nicht oft auf, aber wenn sie auftreten und man einen Teil der großen Bewegung erwischt, sind die Erträge beträchtlich.
Typische Beispiele: Breakout-Trading auf hohen Zeitebenen, Reversal-Trading nach gescheiterten Breakouts auf hohen Zeitebenen, Trendfortsetzungstrades auf hohen Zeitebenen, Trades, die durch wichtige Katalysatoren/Nachrichten ausgelöst werden, Trades bei extremen Funding- oder Open-Interest-Werten, Breakouts nach Volatilitätskompression usw.
Die Hauptrisiken dieser Trades sind: Fehlausbrüche, zu lange Intervalle zwischen den Gelegenheiten, schwieriges Trade-Management.
Auch diese Risiken sind „notwendige Kosten des Tradings“.
In der Regel muss man bei dieser Art von Trades eine Strategie mehrfach versuchen und nach einigen kleinen Verlusten auf den Durchbruch warten (oder er kommt vielleicht nie). Außerdem ist die Volatilität bei diesen Trades meist höher und das Management schwieriger, sodass Fehler wahrscheinlicher sind – aber genau das ist der Grund für die hohen Erträge.
Im Bereich des Krypto-Tradings sind konvexe Trades oft die Hauptquelle für langfristige Gewinne oder Verluste. Angemessenes Positionsmanagement, das Ergreifen großer Trends und das Nutzen von Breakouts oder Trendwenden sind entscheidend, um die Kapitalentwicklung von Gebühren zu entkoppeln.
Man kann sagen, dass die Erträge aus konvexen Trades die Gebührenverluste, die Kosten häufiger Trades und das Volatilitätsrisiko aus inkrementellen Trades abdecken können.
Umgangssprachlich sind dies die sogenannten „Blockbuster-Trades“.
Spezialisten-Trades
Kernmerkmale: Hohes Chance-Risiko-Verhältnis, hohe Erfolgswahrscheinlichkeit, niedrige Auftretenshäufigkeit
Dies sind „einmalige“ hochwertige Handelsgelegenheiten, wie die jüngsten Kettenliquidationen auf dem Perpetuals-Markt, Stablecoin-Depegging-Events, wichtige Zollpolitik-Nachrichten (in Zeiten mit großer politischer Wirkung), durch bedeutende Katalysatoren ausgelöste Trades, Märkte mit stark steigender Volatilität usw.
Typische Beispiele: Einstieg auf niedrigen Zeitebenen und Ausbau zu Swing-Trades auf höheren Zeitebenen, Arbitrage bei großen Preisabweichungen zwischen Spot- und Derivatemärkten, Cross-Exchange-Arbitrage bei großen Preisunterschieden, Ausführung von „exotischen Orders“ zu extrem niedrigen Preisen, Bereitstellung von Liquidität in illiquiden Märkten zur Erzielung von Erträgen usw.
Um an solchen Trades teilzunehmen, müssen in der Regel eine der folgenden beiden Bedingungen erfüllt sein:
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Der Markt erlebt eine außergewöhnliche Volatilität oder einen „Bruch“ (z.B. Preissturz, Liquiditätsengpass)
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Perfekte Kombination aus Handelslogik auf hoher Zeitebene und Ausführung auf niedriger Zeitebene, um „Schneeball“-Erträge zu erzielen
Die Schwierigkeit der ersten Bedingung liegt darin, dass solche Gelegenheiten extrem selten sind; und wenn sie auftreten, sind die meisten Trader damit beschäftigt, Margin Calls zu bearbeiten oder bestehende Positionen zu managen, sodass sie keine Zeit für neue Chancen haben – zudem ist die Systemstabilität der Börsen in solchen Momenten oft schlecht, was die Ausführung zusätzlich erschwert.
Die Schwierigkeit der zweiten Bedingung liegt darin, dass sich Preisbewegungen auf hohen Zeitebenen auf niedrigen Zeitebenen oft als sehr volatil und „rauschend“ darstellen. Das erfordert vom Trader, Einstieg und Stop-Loss präzise zu setzen und während der Trendfortsetzung auf hoher Zeitebene die Strategie auf niedriger Zeitebene konsequent umzusetzen und das Positionsmanagement im Griff zu behalten.
Die Hauptrisiken dieser Trades sind: sehr hohe Anforderungen an die Fähigkeiten des Traders, extrem seltene Gelegenheiten, das Risiko, die Gelegenheit zu verpassen, weil man „ums Überleben kämpft“, Ausführungsrisiken (wie Slippage in illiquiden Märkten, Liquidationsrisiko) usw.
Diese Trades sind äußerst schwierig, aber wenn man einmal eine solche Gelegenheit nutzt, kann das die gesamte Trading-Karriere verändern.
Bemerkenswert ist, dass die Attraktivität dieser Trades genau aus den Risiken resultiert.
Daher empfiehlt es sich, einen „Krisenfonds“ bereitzuhalten – also Stablecoins, die nicht leicht angerührt werden, um solche seltenen Gelegenheiten zu nutzen. Das ist eine sehr kluge Vorgehensweise.
Fazit
Ich empfehle, das eigene Trading-Journal oder Strategie-Handbuch durchzusehen und vergangene Trades nach den oben genannten drei Kategorien zu klassifizieren. Falls du noch kein Trading-Journal oder Strategie-Handbuch hast, kann dir dieses Rahmenwerk als Ausgangspunkt dienen.
Eine weitere wertvolle Erkenntnis (durch das Ausschlussprinzip gewonnen): Viele Arten von Trades lohnen sich eigentlich nicht. Zum Beispiel „langweilige Trades“ – diese gehören eindeutig in die Kategorie „niedriges Chance-Risiko-Verhältnis, niedrige Erfolgswahrscheinlichkeit, hohe Auftretenshäufigkeit“ und sind eine ineffiziente Verschwendung von Zeit und Kapital.
Wenn du ein wachsender Trader bist, solltest du den Großteil deiner Energie in inkrementelle Trades investieren: Sammle Marktdaten, baue ein Handelssystem auf, optimiere deine Strategien und sammle so Kapital und Erfahrung, bevor du dich an andere Arten von Trades wagst.
Du musst dich nicht für immer auf eine Kategorie beschränken.
Viel wertvoller ist es, ein Strategie-Handbuch zu erstellen, das alle drei Arten von Trades abdeckt – noch wichtiger ist es, für jede Kategorie realistische Erwartungen an Chance-Risiko-Verhältnis, Erfolgswahrscheinlichkeit, Auftretenshäufigkeit, potenzielle Risiken und Strategieformen zu setzen.
Zum Beispiel ist es falsch, eine konvexe Handelsstrategie mit inkrementellem Management zu führen; ebenso ist es falsch, bei einer konvexen Strategie die Positionsgröße wie bei inkrementellen Trades zu wählen (das ist auch meine größte Schwäche als Trader).
Daher ist es sehr wichtig, sich über die Art der eigenen Trades im Klaren zu sein und entsprechende Anpassungen vorzunehmen.
Ich habe keine konkreten Zahlen für Chance-Risiko-Verhältnis, Erfolgswahrscheinlichkeit oder Auftretenshäufigkeit angegeben, da diese Kennzahlen stark vom Marktumfeld abhängen und erheblich variieren. In einem heißen Bullenmarkt gibt es vielleicht jede Woche konvexe Handelsgelegenheiten; in einer schwachen Marktphase ist man schon froh, wenn überhaupt inkrementelle Trades möglich sind.




