Jerome Powells Worte am Dienstagabend (14. Oktober) in Philadelphia waren nüchtern, doch in der Kryptoszene schlugen sie hohe Wellen. Der Chef der US-Notenbank deutete an, dass die geldpolitische Straffung «in den kommenden Monaten enden könnte». Für die Finanzmärkte war das ein verhaltenes Signal, für Arthur Hayes dagegen der Startschuss. Der Mitgründer der Plattform BitMEX twitterte: «There you have it, QT is over. Back up the fucking truck and buy everything.»
Klarer kann man eine Kaufempfehlung nicht formulieren. Hayes sieht das Ende des Quantitative Tightening (QT) als Einladung, in Krypto-Assets und andere riskante Werte einzusteigen. Während Börsenkurse nach Powells Rede weitgehend stabil blieben, sorgte das Posting des Ex-Börsenhändlers für Gesprächsstoff. Auf X (ehemals Twitter) wurde es hundertfach geteilt, kommentiert und auch verspottet .
Arthur Hayes jubelt nach Krypto-Signal von Fed-Chef Powell
Hayes ist für seine drastischen Prognosen bekannt – und ebenso für seine Kehrtwenden. Schon mehrfach kündigte er mit grossen Worten den «ganz grossen Einstieg» an, nur um Wochen später zurückzurudern. Das hat ihm einerseits Kultstatus in Teilen der Kryptoszene eingebracht, andererseits auch reichlich Kritik. «Kaufempfehlung vom Mann, der schon fünfmal danebenlag», ätzte ein Nutzer. Andere nahmen es humorvoller: «Wenn Hayes den Truck rückwärts fährt, dann bleibe ich lieber an der Seitenlinie.»
Powell selbst hatte keinen Grund zu Übertreibungen. Er betonte, dass ein zu schnelles Senken der Zinsen riskant wäre: «Wenn wir zu rasch nach unten gehen, könnten die Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung zunichtegemacht werden.» Damit liess er offen, wann genau die Zinswende tatsächlich kommt. Innerhalb der Fed gibt es weiterhin unterschiedliche Stimmen: Die einen drängen auf schnelle Zinssenkungen, die anderen warnen vor anhaltendem Preisdruck.
Keine grossen Bewegungen nach Powells Auftritt
Dass Hayes seine Lesart daraus ableitet, ist typisch für das Zusammenspiel von Notenbankpolitik und Krypto-Stimmung. Während Powell abwägt, reicht Hayes ein Halbsatz für einen radikalen Tweet. Für Anleger ist das ein zweischneidiges Schwert. Die Euphorie kann kurzfristig für Auftrieb sorgen, wie sich in den Minuten nach seinem Posting zeigte – doch nachhaltige Impulse bleiben bisher aus. Weder Bitcoin noch Ethereum verzeichneten nach Powells Auftritt grosse Bewegungen.
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Interessant bleibt, wie stark einzelne Stimmen das Sentiment beeinflussen können. Hayes mag mit seinen Prognosen oft falschgelegen haben, doch er versteht es, Narrative zu setzen. Sein Aufruf «Back up the truck and buy everything» passt perfekt in eine Szene, die nach jedem Strohhalm sucht, der eine Trendwende verspricht. Ob der Truck diesmal wirklich vollgeladen werden sollte, ist eine andere Frage. Sicher ist nur: Hayes hat mit drei Sätzen wieder geschafft, woran ganze Analystenberichte oft scheitern – die Kryptowelt für einen Moment aufzumischen. (mck)